Freitag, 12. Oktober 2012

Familienausflug à la Tom Hodginson, Teil 2.

Hier kommt die Fortsetzung des von T. Hodginson in seinem "Leitfaden für faule Eltern" Rowohlt Verlag, 2011 beschriebenem Familienausflug - den wir auch schon des öfteren 1 zu 1 so erleben durften:
... "Früher oder später kommen wir beim Vergnügungspark an und das überwältigende Gefühl, verarscht zu werden, überfällt uns. Wir werden über den Tisch gezogen, ausgenommen, zum Opfer gemacht, sie verdienen an unserer Schwäche. Hier verbringt der Sklave seinen freien Tag. Aber sollte man für Vergnügen bezahlen müssen. Faule Elternschaft ist kostenbewusste Elternschaft. Unbedingt und zu jeder Tageszeit müssen wir das Geldausgeben vermeiden.
Als nächstes dann die grauenhafte Langeweile beim Schlangestehen vor den Fahrgeschäften, wobei man müßig Spekulationen über die anderen Familien um sich herum anstellt: Sind sie glücklich? Fahren die auch nach Hause und schlagen mit Türen, schreien sich an und haben schlechte Laune? Der Vergnügungspark ist ein seltsam einsamer Ort. Hunderte von Familien schlurfen aneinander vorbei, ohne ein Wort zu wechseln, wie stumme Zombies. Das Mittagessen ist ein überteuerter Alptraum im Plastikpack. Und die Zeit schleicht dahin: Es ist erst zwei Uhr. Wann kann ich endlich raus aus diesem Höllenloch? Die Kinder wollen immer noch eine Fahrt. (...) Dann die Höllenqualen der Rückfahrt. Kinder und Eltern sind gereizt und zappelig. Die Kinder wollen grundsätzlich länger bleiben als die Eltern. "Wir gehen jetzt!" "Ooooo! Warum? Warum? Warum?" Höchstwahrscheinlich kommen die Kleinen gerade von ihrem durch Junkfood induzierten Zuckerrausch herunter. Auf der Rückbank treten sie um sich, ziehen sich gegenseitig an den Haaren und reißen sich die neuen Spielsachen aus den Händen. Die Drohung, sie auf dem nächsten Parkplatz auszusetzen, scheint die Lage nicht zu verbessern. Selbst wenn ich den Motor abstelle, streiten sie weiter. Die beste Vorgehensweise, wenn auch nicht leicht durchzuführen, besteht unserer Erfahrung nach darin, ihnen keine Beachtung zu schenken. Ich erinnere mich an eine Autofahrt, bei der V. und ich schlichtweg zu müde waren, uns mit ihnen herumzuschlagen. Es war uns einfach egal. Sie haben sich auf der Rückbank gezankt und irgendwann, wie durch ein Wunder, und ohne jegliches Eingreifen von Seiten der Autoritäten aufgehört. Wahrscheinlich mischen wir uns viel zu oft ein. Ohnehin ist es für mich grundsätzlich unmöglich herauszufinden, wer angefangen hat, wer recht hat und wer nicht. Jedes Mal scheitere ich unweigerlich bei dem Versuch, den unparteiischen Richter zu spielen. Alle ihre Versionen klingen immer so überzeugend. Und zu guter Letzt, wenn wir wieder zu Hause sind, sage ich "OK, ich gehe jetzt raus und komme in drei Minuten wieder. Ihr macht das unter euch aus." Erstaunlicherweise funktioniert das.
Nach dem Abendbrot, bei dem die Kleinen sich vermutlich komplett danebenbenommen haben, müssen sie gebadet und ins Bett gebracht werden. Der Abend lockt mit ein, zwei Stunden erschöpften Alkoholgenusses, bevor wir um halb elf auf dem Bett zusammenbrechen, enttäuscht und ein gutes Stück ärmer."

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