Donnerstag, 4. April 2013

Die Trotzphase - eine deutsche Erfindung?

Neeeeiiiiiiin!

 Im vorletzten Spiegel (Nr. 13/2013) gab es einen recht interessanten Artikel der amerikanischen Journalistin Pamela Druckermann, die seit vielen Jahren mit Mann und Kindern in Paris lebt und den französischen Erziehungsstil plus deren Resultate äußerst interessant und erforschenswert findet.
Ausgangspunkt war die Beobachtung, die sie während eines lang zurückliegenden Frankreichurlaubs mit französischen Kindern machte:
Druckermann:"Wir waren im Sommerurlaub in Westfrankreich, die Kleine war anderthalb. Weil wir in einem Hotel wohnten, aßen wir mittags und abends auswärts. Bald merkten wir: Es ist die Hölle. Unsere Tochter schmiss mit Sachen um sich, krabbelte aus dem Hochstuhl...
Spiegel: So ist das eben mit kleinen Kindern.
Druckermann: Das dachte ich auch. Aber es war nur mit unserem Kind so. Alle anderen Kinder, die französischen nämlich, saßen brav auf ihrem Stuhl. Sie hielten ganze Drei-Gänge-Menüs durch. Am Tisch dieser Familien herrschte ein freundlicher, entspannter Ton. Da habe ich mir gesagt: Das will ich auch. Ich will lernen, wie man seine Kinder so erzieht."
Etwas weiter: "In der Krippe sitzen Zweijährige am Tisch und essen Salat, Hauptspeise, Käse und Obst. Wie geht das? Oder die Tobsuchtsanfälle. Ich habe hier in der Öffentlichkeit nie Tobsuchtsanfälle kleinerer Kinder gesehen. Nur die meiner eigenen. Warum?"
Druckermann beschließt, dem Phänomen auf die Spur zu kommen und  beginnt die Unterschiede des französischen und des amerikanischen Erziehungsstils zu untersuchen. Denn laut einer in ihrem jüngsten Buch "Warum französische Kinder keine Nervensägen sind - Erziehungsgeheimnisse aus Paris" zitierten Studie empfinden amerikanische Eltern aus Ohio die Elternschaft als doppelt so anstrengend wie Mütter in Rennes, Frankreich.
Dabei kommt sie zu interessanten Ergebnissen. Französische Eltern, so Druckermann, setzen klare Grenzen, die den Rahmen abstecken, in dem dann aber Freiheiten erlaubt sind. Als Beispiele nennt sie, dass beim Essen alles probiert, aber nichts aufgegessen werden muss. Oder dass das Kind abends um acht in seinem Zimmer verschwinden muss. Ob und was es dort noch eine Weile machen darf, bestimmt es selbst. Also außen ein fester Rahmen, aber innen Freiheit.
Klingt eigentlich gut. Könnte es tatsächlich so sein, dass die hier vielzitierte Trotzphase hausgemacht ist? Eine deutsche Erfindung, die in keinem Erziehungsratgeber fehlen darf? Weil sie so viel erklärt und entschuldigt? Ein Blick ins französische Wörterbuch ist diesbezüglich recht informativ. Für das Wort "Trotzphase" gibt es keinen entsprechenden Eintrag. Im englischen übrigens auch nicht.

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