Daher habe ich meinen ersten Leserbrief geschrieben:
Leserbrief
zu
Zeit
Magazin No.45. E. Raether „Die will doch nur spülen.“ und „Arme Frau“.
Berufung Hausfrau oder ein Hoch auf die Erwerbsarbeit?
Die von
Frau Raether aufgemachte Wertediskussion wirft für mich eine Reihe von Fragen
auf: Ist Erwerbsarbeit (weil entlohnt) wirklich so viel mehr wert als Haus- und
Familienarbeit (meist nicht entlohnt)?
Ist die
(meist temporär getroffene) Entscheidung, sich eine Weile ausschließlich um
Mann, Haus und Kinder zu kümmern, wirklich so Mitleid erregend und hoffnungslos
überholt, wie Frau Raether es darstellt? Ist ein entlohntes, berufstätiges
Kindermädchen bzw. Haushaltshilfe, die sich um fremde Kinder plus Haushalt
kümmert mehr wert, als eine, die das Gleiche für die eigene Familie tut?
Welchen
Wert hat welche Arbeit überhaupt?
Ist nur
Lohnarbeit etwas wert? Ist nur wer „Wer“, der sich in Abhängigkeit eines
Arbeitgebers befindet? Der/die sich z.B. als Friseur für 7 Euro die Stunde in
einem Vollzeitarbeitsverhältnis bei seinem Arbeitgeber befindet? Und
wahrscheinlich jederzeit gekündigt werden kann? Ist nur ein festangestellter
Arbeitnehmer ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft?
Was ist
mit all denen, die sich für einen Lebensentwurf jenseits eines festen
Angestelltenverhältnisses entschieden haben? Künstler, Musiker, Schriftsteller,
Selbständige, die ihre oft prekären Verhältnisse vielleicht gar nicht so
schlimm finden? Handelt es sich bei diesen Menschen allesamt um „exotische
Lebenskünstler“ wie S. von Regensburg, die im Artikel als einzige gerne
Hausfrau und Mutter zu sein scheint? Die ihre finanzielle Abhängigkeit von
ihrem Mann nicht schlimm findet, da „man (...) immer abhängig (ist) von den
Menschen, die man liebt.“ Ist eine Abhängigkeit von einem launischen
Arbeitgeber besser? Ist man dort unkündbarer als bei einer Scheidung? Gibt es
Zahlen, wie viele Frauen durch Kündigung einen temporären wirtschaftlichen
Abstieg verkraften müssen im Vergleich zu denen, die dasselbe durch eine
Scheidung erleiden (s. Artikel „Arme Frau“)?
Liegt
die negative Einstellung zur „Hausfrau“ (die übrigens nicht Nichts tut, wie der
Titel und Teile des Artikels suggerieren, manche arbeiten gar als „Spülerinnen“,
sogar in Festanstellung) an der ideologischen Aufladung durch verschiedene
Lager im Zuge der letzten Jahrzehnte? Sollte man eher wie im Marketing von
„Familienmanagerin“ sprechen? Maiora
Domus? Oder von multiplen Beschäftigungsverhältnissen (Haushälterin,
Chauffeurin, Nachhilfelehrerein, Köchin, Caterer, Sozialarbeiterin,
Wäschereifachangestellte, Psychologin etc.) ohne eigenes Gehalt? Freiwillig
gewähltes Ehrenamt sozusagen?
Fragen
über Fragen. Kann man sie, wie es Frau Raether teilweise tut, eindeutig
beantworten? Ich kann es nicht.
Ach,
eine letzte habe ich noch: Was ist mit der Hausangestellten eines wohlhabenden
Bankmanagers? Jahrelang arbeitete sie in seinem Haushalt, kümmerte sich um
alles, um Einkäufe, um seine Wäsche, ums Putzen und und und.
40
Stunden die Woche für 2000 Euro monatlich. Dann verliebten sich die beiden, sie
zog bei ihm ein und sie heirateten. Sie bekam einen Ehemann und verlor ihr
Gehalt. Ist sie damit weniger wert?
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