Freitag, 1. Februar 2013

Momentaufnahme "Stress am Tisch": Arbeiten mit dem Moduswahlrad.

Jeden Abend das gleiche Bild: Beim Abendbrot sitzt der Ärger mit am Tisch. Vorprogrammiert quasi per Vollautomatik:
Vollautomatik: Alle Einstellungen sind vorprogrammiert.

Ich mache das Abendessen, die Kinder gucken Kika. Nach Sandmännchen wird der Fernseher ausgemacht. "Kinder, setzt ihr euch bitte?" Langsam, ganz langsam und mit diversen Umwegen wird eher unwillig Platz genommen, was den Gesichtern abzulesen ist. "Was gibt's denn?" "Bratkartoffeln, Fleisch und Brokkoli." "Ähhh, mag ich nicht!" Gabeln stochern missmutig im Essen rum. Innerlich beginne ich wieder zu kochen. Kind 1 steht auf. "Wohin willst du?" "Mir was zu trinken holen." "Steht doch da." "Will aber was anderes." "Es gibt nichts anderes. Setz dich bitte wieder hin." Entnervter Gesichtsausdruck setzt sich wieder. Das Stochern geht weiter. Die einzigen, die essen, sind die Eltern. "Wollt ihr nicht mal anfangen zu essen? Gleich ist Abendbrotzeit vorbei." Die an dieser Stelle erstmalig gestellte pädagogisch motivierte rhetorische Frage läuft ins Leere. Wie immer. Die Eltern essen, scheinbar unbeeindruckt, weiter. Doch dieser Eindruck täuscht. Innerlich kocht's auf höherer Flamme. Nach einer Viertelstunde wird die gleiche Frage wiederholt. Keine Reaktion. Die Eltern spießen die letzten Reste ihrer Mahlzeit vom Teller und warten einige Minuten schweigend. "So, los jetzt, jetzt wird gegessen", entfährt es dem Vater. Lustlos wandert eine Bratkartoffel in Kindermund. Einige weitere schweigende Minuten später kocht Mutter innerlich über. "So, Abendbrotzeit vorbei. Ich räume jetzt den Tisch ab." Sie steht demonstrativ auf, Kind 2 fängt an zu heulen. "Neeeeiiin! Ich ess ja." Mutter setzt sich wieder: "dann jetzt los, essen!"
Das Gestochere geht in die nächste Runde. Nach weiteren 3 Minuten, in denen sich die Kinderteller nicht wesentlich geleert haben, platzt der Mutter endgültig der Kragen. "So, jetzt reicht's. Ich räum ab." Gesagt, getan. Sie steht auf, schnappt sich die Teller und trägt sie zur Spüle. Lautes Geheule. "Neeeeinnn!!!" "Doch, ich hab's mehrmals gesagt, Essenszeit ist vorbei und damit basta!"
"Kriegich noch Nachtisch?" "Nein!" "Warum nicht?" "Weil du nichts gegessen hast!" "Dooooch, ich ess ja!" "Nee, Abendbrotzeit ist jetzt vorbei" Geheule, Geheule, Geheule. "Und jetzt ab, Zähneputzen." "NEEEIIINNNN!" Geheule schlägt in Wutgeschrei um, Kinder sind auf 180, Mutter auch. Na , dann gute Nacht. "Ach und übrigens, vorgelesen wird heut auch nicht!"
Eineinhalb Stunden später haben sich die Kinder endlich beruhigt und sind im Bett. Und die Eltern entnervt auf dem Sofa. "So geht das nicht mehr weiter!"
Richtig! Vielleicht sollten wir ein anderes Programm wählen.
Drehen wir also am Moduswahlrad:

Sportmodus: So kommt Bewegung in die Sache.

Wir wählen die Einstellung "Sport". Wir gehen die Sache jetzt sportlich an:

"Mama, können wir Fernsehn gucken?" "Nein." "Warum nicht?" "Weil es gestern so einen Ärger gegeben hat." Komischerweise trollen sich die Kinder kommentarlos auf ihre Zimmer. Ich setzte mich aufs Sofa und lese. Eine halbe Stunde später taucht Kind 1 auf: "Mama, was gibt es zum Abendessen?" "Keine Ahnung." Kind ist sichtlich irritiert: "Und wann gibt es Abendessen?" "Keine Ahnung." Kind 1 verschwindet im Kinderzimmer von Kind 2. Eine Minute später stehen beide vor der Mutter, die von ihrem Buch aufblickt. "Mama, wann gibt es Abendessen?" fragt Kind 2. "Keine Ahnung." Mutter liest weiter, Kinder drucksen herum. "Aber ich hab Hunger. " "Ich auch", sagt Mutter, legt das Buch weg und blickt Kinder fragend an "was können wir denn da jetzt machen?"
"Du kannst Abendessen machen", sagt Kind 1. "Falsch, nicht ich, WIR machen das Abendessen. Denn wenn ich es mache, schmeckt es euch ja nicht. Kommt, wir schauen mal in den Kühlschrank."
5 Minuten später schälen und schnippeln 4 kleine Hände Tomaten, Möhren und Paprika. Kind 2 gießt Nudeln in das kochende Wasser und Kind 2 befüllt einen zweiten Topf mit Gemüse und rührt eifrig. Pünktlich zur Sandmännchenzeit ist das Essen fertig. "Jetzt wollen wir doch mal sehen, ob uns schmeckt, was wir gekocht haben." Die Kinder sitzen schon am Tisch. "Am besten nimmt sich jeder erst einmal einen Probierklecks. Dann wissen wir, ob noch was fehlt." Die Kinder greifen zu. "Vielleicht reiben wir noch etwas Käse drüber?" "Au ja", Kind 2 holt Käsereibe, nimmt sich nach und hobelt etwas Käse drüber. "Will auch", Kind 1 verlangt ebenfalls Nachschlag, auch mit Käse. Um Viertel nach 7 sind alle Teller leer. "Wer möchte noch Nachtisch?" "Ich, ich!" Um halb 8 ist auch der Nachtisch aufgegessen. "Wer zuerst mit Zähneputzen fertig ist, darf bestimmen, wer heute abend vorliest und was." Eifrig rennen die Kinder ins Bad. Um acht hat die große dem Kleinen eine Geschichte ihrer Wahl vorgelesen und aus den dunklen Kinderzimmern hört man Kinderstimmen flüsternd rufen: "Gute Nacht, Jim Bob!" Gute Nacht, John Boy!"

Oh, happy end!

Fazit: Das klappt bestimmt so nicht immer, aber gut zu wissen, dass  jedes Bild eine Momentaufnahme ist. Und damit veränderbar.  Indem man einfach ein anderes Programm wählt, den Modus und auf diese Weise Perspektive und Gesamtbild ändert.

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