Name:
Kerstin
Mama
von:
Sara
( 9 Monate)
Stadt:
Dortmund
Beruf:
Grundschullehrerein
|
Wenigstens sie kann schlafen. |
Wie sieht ein normaler Wochentag/dein
Alltag mit Kind aus?
Im
Moment grau und trostlos, etwas, was es irgendwie zu bewältigen gilt. Aber der
Arzt hat mir versichert, dass die Medikamente bald anschlagen würden. Seit ca.
5 Wochen wache ich jede Nacht auf und kann nicht mehr einschlafen. Erst war es
so gegen 5, dann gegen 4 und jetzt meist so um kurz nach 3. Dann liege ich da,
hellwach, mein Herz rast, ich bekomme nicht gut Luft und ich habe Angst: Angst,
nicht wieder einzuschlafen, Angst, dass ich, wenn ich nicht schlafe, den Tag
nicht schaffe, Angst vor der Müdigkeit, Angst vor der Verantwortung, Angst vor
der Angst.
Wenn
Sara dann so gegen halb 7 aufwacht (sie schläft durch), bin ich bereits fix und
fertig. Mechanisch versuche ich den Tag mit Baby zu bewältigen. Ich verstand
das alles nicht, ist Sara doch ein absolutes Wunsch- und Traumkind. Irgendwann
konnte auch mein Mann mir nicht mehr helfen, schlimmer noch, mich nicht
verstehen. Verzweifelt ging ich vor einer Woche zu meiner Frauenärztin, der ich
von meinen Nöten erzählte. Sie sagte etwas von einer „Postnatalen Depression“,
die gar nicht mal so selten auftrete, und überwies mich sofort zum Neurologen.
Dort bekam ich das Gleiche gesagt und ein Medikament (Antidepressivum)
verschrieben. Das nehme ich jetzt seit 4 Tagen und wünsche mir nichts
sehnlicher, als dass es bald wirken möge. Damit diese Hölle aufhört und ich
mein Kind genießen, wieder schlafen kann und wieder Freude am Leben habe.
Was ist eine postnatale Depression?
Oh,
da weiß ich jetzt Bescheid. Anders als der sog. Baby-Blues, der bei vielen Müttern
kurz nach der Geburt auftritt und nach wenigen Tagen meist von selbst wieder
verschwindet, tritt die PND (postnatale Depression) meist später auf, bis zu 6
-11 Monaten nach der Geburt. Ca. 15 % der Mütter erwischt es. Typische Symptome sind: traurige
Verstimmung, Freud- und Interessenlosigkeit an ihrer Umgebung,
Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen und Appetitverlust.
Die fast immer auftretenden Schlafstörungen werden oft
nicht erkannt,
weil der Schlaf sowieso unterbrochen ist durch die
Versorgung des Säuglings. Selbst in Ruhephasen finden die Betroffenen aber
nicht in den Schlaf
hinein und können sich so von ihrer ohnehin sehr
anstrengenden Aufgabe
als neue Mutter nicht erholen und geraten in eine
immer tiefere Erschöpfung hinein.
Dazu kommt dann die Scham, weil es doch eigentlich
ganz anders sein sollte.
Über die Ursachen ist man sich nicht ganz einig, die
meisten Fachleute sehen es als Zusammenspiel mehrerer Faktoren: die radikale
Lebensumstellung plus Schlafmangel plus die hormonelle Umstellung und damit
verbundene biochemische Prozesse (Ausschüttung oder fehlende Ausschüttung von
Botenstoffen).
Und was kann man dagegen tun:
Mein
Neurologe hat mir Antidepressiva verschrieben, die zuallererst einmal
biochemische Prozesse wieder in normale Bahnen lenken sollen. Wenn das
geschieht (hoffentlich bald, denn sie brauchen wohl einige Tage, um
anzuschlagen), würde das Grau erst einmal verschwinden, ich würde wieder
schlafen können und diese wahnsinnige Angst würde verschwinden, sagt er. Über
eine psychotherapeutische Behandlung könne man dann nachdenken.
So
sieht er die Reihenfolge.
Ich wünsche Dir, dass das ganz bald
passiert. Was wünschst du dir am meisten?
Dass
es aufhört. Dass ich wieder ein ganz normaler Mensch werde und mein Leben mit
dem Kind genießen kann. Dass das Grau aus meinem Leben verschwindet und es hell
wird. Wieder ein eben mit Höhen und Tiefen und nicht mehr ein tiefes Tal der
Dunkelheit. Ich bin schon froh, dass ich weiß, was es ist und nicht mehr zu
allem Überfluss auch noch die Angst haben zu müssen, verrückt zu sein. Ich
wünsche mir nichts sehnlicher, als mein Kind anlachen zu können, mich an ihm,
mit ihm zu freuen. Über unser Leben als ganz normale kleine Familie. Das ist
mein größter Wunsch. Alles andere ist Nebensache.